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Matz zieht mit seinen Eltern für ein paar Monate nach Dublin und macht dort Bekanntschaft mit der englischen Sprache und mit vielen neuen Freunden.

Diese Geschichte beruht auf Begebenheiten, die wir am Rande unseres Arbeitsaufenthalts in Dublin im Frühjahr 2004 beobachtet hatten.

Die Musik in diesem Podcast wurde komponiert, getextet, gespielt und gesungen von Cassandra und Shannon Shankman – Töchter von einem Arbeitskollegen aus Texas und zwei hochbegabte Musikerinnen.

„Was möchtest du noch mitnehmen?“, fragt Mama. Mats grübelt und grübelt. Seine Eltern haben ihm erzählt, dass die ganze Familie für einige Monate in Irland wohnen wird, weil Papa dort für seine Firma arbeiten darf.

Was nimmt man bloß nach Irland mit, und wo ist das überhaupt? Ist es dort kalt oder warm, weit weg oder doch ganz nah. Soll er nun für den Strand den aufblasbaren Ball und die Luftmatratze mitnehmen oder den Schlitten für die Berge? Fragen über Fragen.
Mats beschließt, darüber noch einmal mit seiner Mama zu sprechen.

Die Mama erzählt ihm, dass Irland eine riesengroße Insel ist und dass die Familie in Dublin wohnen wird. Das ist die Hauptstadt von Irland. Dublin liegt direkt am Meer – und hinter der Stadt sind Hügel und Berge und Wälder und grüne Wiesen. Mats ist jetzt erst recht verwirrt.

Also Luftmatratze, Ball, Eimer und Schaufel für den Strand und der Schlitten für die Berge, dazu noch sein Schnuffelhund und die Bausteine, das Lieblingsspiel, den Baukasten und, und, und …

Schon sitzen sie im Flugzeug. Ist das aufregend. Der Start war ganz schön kribbelig im Bauch und dieses merkwürdige Gefühl in den Ohren. Mats schaut aus dem kleinen Fenster und sieht, wie die Häuser tief unten immer kleiner und kleiner werden. Die Autos kann er schon kaum noch erkennen, und schon sind sie hoch über den Wolken. Der Himmel sieht strahlend blau aus, und die Wolken unter ihm schweben watteweich und weiß in der Luft.

Den Schlitten hat Mama zu Hause gelassen, weil in Irland nur ganz selten Schnee liegt, hat sie gesagt. Und die Luftmatratze durfte er auch nicht mitnehmen, weil das Wasser wohl nicht warm genug zum Baden ist – aber den Eimer und die Schaufel hat sie eingepackt für den Strand zum Muschelsuchen, seine Spielsachen auch, und den Schnuffelhund hat Mats sowieso ganz fest im Arm.

Die Landung in Dublin ist genauso aufregend wie der Start, und auf der Fahrt in die neue Wohnung fällt Mats auch gleich etwas ganz Besonderes auf. Die Autos fahren alle auf der falschen Straßenseite! Nämlich links, und der Fahrer im Taxi sitzt auch auf der falschen Seite! Rechts! Mats ist ganz aufgeregt. Wie soll das denn gut gehen?

Papa beruhigt ihn sofort. In Irland fahren alle Autos auf der linken Seite und die Fahrer sitzen alle rechts. Für die Iren ist das, genau wie in England, Australien oder auf der Insel Malta so normal wie für uns das Rechtsfahren. Und weil sich alle Verkehrsteilnehmer daran halten, kann auch nichts passieren.

„Du musst aber ganz genau aufpassen, wenn du über die Straße gehst“ sagt Papa, „weil du hier zuerst nach rechts schauen musst und dann erst nach links, weil die Autos zuerst von der rechten Seite kommen, das ist für uns ungewohnt und darum müssen wir besonders vorsichtig sein.“ Mats ist ganz verwirrt. Rechts, links, rechts, alles andersherum – wie soll das alles in seinem kleinen Kopf Platz haben.

Papa lacht: „Du wirst dich schnell daran gewöhnen.“

Die Wohnung ist ruck-zuck bezogen, die Spielsachen verstaut, der Kamin in der Wohnung verströmt eine wohlige Wärme und Mats kuschelt sich mit seinem Schnuffelhund in sein gemütliches Bett. Mama hat sich zu ihm gelegt und langsam kommt die kleine Familie nach diesem aufregenden Tag zur Ruhe. „Morgen wird es noch einmal spannend für dich“, sagt Mama. Mats darf in eine irische Vorschule gehen und gleich morgen früh soll er das erste Mal die neue Schule besuchen.

Der erste Tag in der neuen Schule. Die Erzieherinnen sind sehr freundlich mit ihm, alle lachen und strahlen ihn an. Die anderen Kinder sind alle in seinem Alter und kommen neugierig auf ihn zu, zeigen ihm die vielen Spiel- und Bastelsachen, und am späten Vormittag haben alle sogar einen Ausflug zum nahe gelegenen Spielplatz gemacht.

Aber als die Mama ihn am Nachmittag abholt, kann Mats die Tränen dann doch nicht mehr zurückhalten.

„Das war ganz schrecklich“, schluchzt er, „die sprechen hier alle nur Spanisch. Ich kann nichts verstehen und weiß nicht, was die von mir wollen!“ Mama nimmt ihn ganz fest in die Arme, streicht ihm übers Haar, lacht und sagt: „Mats, mein Schatz, die sprechen hier kein Spanisch, das ist Englisch. In Irland sprechen die Menschen Englisch – und du wirst sehen, in ganz kurzer Zeit wirst du die Sprache lernen und alles verstehen.“

Aber Mats ist für heute nicht zu beruhigen und will nie mehr in diese Schule zurück.

Zuhause angekommen setzt er sich traurig auf die Treppe vor der Haustür und fühlt sich sehr, sehr einsam. Ihm fehlen seine Freunde, seine Lehrerin, Oma und Opa und überhaupt einfach alles.

Und als er gerade traurig seinen Kopf in die Hände stützt, hört er nebenan eine Melodie. Eine ganz leichte, feine, tröstende Musik. Neugierig hebt er den Kopf – und lauscht. Mats steht auf und geht der Musik nach. Die Klänge kommen aus der Wohnung nebenan. Ein Fenster steht offen und er schaut hinein.

Da sitzt ein Mädchen an einem Klavier und spielt diese wunderbare Melodie. Sie ist etwas älter als er und hat ihre schwarzen Haare zu einem Pferdeschwanz gebunden, der lustig hin und her wippt während ihre Hände über die Tasten fliegen. Erstaunt schaut Mats dem Mädchen zu – bis sie ihn bemerkt!

„Hi“, ruft sie fröhlich – und schon folgt ein fremdländischer Wortschwall, wohl auf Englisch, wie Mats jetzt weiß.

Er duckt sich hastig und läuft schnell in die Wohnung in sein Zimmer. Er öffnet sein Fenster einen spaltbreit, lauscht noch einmal und – tatsächlich – das Mädchen singt. Sie singt mit klarer, zarter Stimme ein wunderschönes Lied. „Someone Wonderful“. Mats lehnt den Kopf an den Fensterrahmen und hört dem fremden Mädchen fasziniert zu.

Die folgenden Tage ziehen sich zäh dahin.

Mats geht die Musik und das Mädchen nicht mehr aus dem Kopf. Ständig summt er die Melodie und sieht den lustig wippenden Pferdeschwanz vor sich. Manchmal kann er sie hören, wenn Mama ihn aus der Schule abholt. Und das tröstet und beruhigt ihn.

Jeden Tag schwört Mats, dass er nie wieder in die Schule geht. Alle sind sehr nett und freundlich mit ihm, aber er kann sich nicht richtig unterhalten, und so freut er sich umso mehr, wenn Mama ihn abholt.

Auf dem Heimweg summt er die Melodie, die er auf dem Klavier gehört hat, und im Takt dazu zählt er: „One, two, three, four, five, …“ Mama schaut ihn erstaunt an. „Was sagst du da gerade?“

Mats schaut seine Mama an. „Das ist Englisch, Mama. Eins, zwei, drei, heißt auf Englisch ‚one, two, three‘. Ich kann schon bis zwölf auf Englisch zählen – das hat mir die Lehrerin beigebracht.“ Und er erzählt auch, dass ‚black‘ schwarz bedeutet und ‚white‘ weiß und ‚blue‘ blau ist. Das hat er von den anderen Kindern gelernt. Mama schmunzelt und drückt Mats dicht an sich.

Zu Hause angekommen sieht Mats das Mädchen von nebenan auf der Treppe sitzen. Sie grüßt freundlich und bespricht mit Mama etwas auf Englisch. Mama scheint sich sehr zu freuen und in der Wohnung nimmt sie Mats in die Arme und sagt: „Mats, du hast eben eine Einladung zum Geburtstag bekommen. Das Mädchen von nebenan hat dich eingeladen. Sie heißt Laura und würde sich riesig freuen, wenn du morgen zu ihrer Geburtstagsparty kommst.“

Auf dem kurzen Weg zu der Party ist Mats ganz übel. Auf der einen Seite freut er sich auf Laura, auf der anderen Seite ist ihm bei dem Gedanken ganz schwummrig, dass er wieder nichts versteht und ohne Freunde zu einer Feier gehen muss.

Aber Mama nimmt ihn fest an die Hand und als Laura die Tür öffnet und ihn strahlend anschaut, ist das Eis schon gebrochen. Er gibt ihr schüchtern sein Geschenk, dass sie mit einem erfreuten „Thank you, you are welcome!“ entgegen nimmt, begleitet ihn in ihr Zimmer wo schon die anderen kleinen Gäste warten – und da ist auch die Überraschung für Mats groß. Einige Kinder kennt er schon aus der Schule und alle begrüßen ihn mit einem fröhlichen „Hello, Mäts!“.

Aus dem Klavierzimmer hört Mats wieder die vertraute Melodie. Alle Kinder versammeln sich um das Klavier und Mama flüstert Mats noch schnell zu, dass jetzt das Geburtstagslied für Laura gesungen wird. Lauras Mutter zählt vor „One, two, three, four and … music!“

Alle Kinder singen mit, und schon nach einigen Takten versucht auch Mats in den Chor mit einzustimmen. Erst ganz zaghaft und dann immer kräftiger: „Happy Birthday“ – und siehe da – es funktioniert! Es macht Spaß! Englisch macht Spaß!

Am Abend liegt Mats mit seinem Schnuffelhund im Bett. Mama hat sich wieder dicht an ihn rangekuschelt. „Das war eine tolle Party, Mama“, sprudelt es nur so aus ihm hinaus. „Ich habe ganz viele neue Freunde kennengelernt. Laura ist total nett und wir haben ganz viel gesungen; und soll ich dir mal erzählen, was Geburtstagsparty auf Englisch heißt? und …“